Die Ingenieure Eugen Borgardt (links) und Johann Reis (rechts) mit dem Winkel, mit dem sich Solar-Module an Zäunen aufhängen lassen.
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Die Ingenieure Eugen Borgardt (links) und Johann Reis (rechts) mit dem Winkel, mit dem sich Solar-Module an Zäunen aufhängen lassen.

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Zaun-Verbesserer: Kurzarbeit während Corona weckte Erfindergeist

Solarmodule in kurzer Zeit an den Zaun hängen: Zwei Ingenieure aus Nürnberg haben ein Element entwickelt, mit dem das möglich ist. Mittlerweile vertreiben sie es über ihre Firma. Die Kurzarbeit in der Corona-Pandemie haben sie kreativ genutzt.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Mit einem Problem fing alles an: Der Nürnberger Ingenieur Eugen Borgardt kaufte für sich und seine Familie ein Haus. Das hatte einen sogenannten Stabmattenzaun mit dünnen Stäben aus Metall, industriegenormt, wie es ihn an so vielen Häusern inzwischen gibt. Doch für Borgardt war der Zaun zu niedrig, außerdem konnte man an ihm keine Holzelemente zur Verschönerung anbringen. Der Ingenieur riss den Zaun ab und installierte einen neuen. Er fragte sich aber immer wieder: Geht das nicht einfacher?

"Such' dir ein Hobby" – Tüfteln während der Kurzarbeit

Diese Frage nach einem Bauelement, mit dem man genormte Zäune höher machen und an denen man Holzverkleidungen befestigen kann, ließ Borgardt nicht los. Als Ingenieur fehlte ihm mit einer Vollzeitstelle und Familie die Zeit, um erste Ideen in die Tat umzusetzen. Dann kam die Corona-Pandemie und mit ihr Kurzarbeit und Lockdowns. Irgendwann habe er alle anstehenden Aufgaben erledigt und auch seine Batterien aufgeladen, erzählt Eugen Borgardt. "Dann wird einem tatsächlich langweilig, und meine Frau hat dann zu mir gesagt: 'Such dir jetzt ein Hobby‘'", berichtet der 40-Jährige. Aus diesem Hobby ist inzwischen ein Familienunternehmen geworden.

Bauelement soll Alltagsproblem lösen

Es war die Zaunfrage, die ihn nicht losließ: Zusammen mit seinem Schwager, der ebenfalls Ingenieur ist, tüftelte Eugen Borgardt an einem Element, das man einfach und ohne viel Aufwand an Metallzäunen montieren kann. Der Zweck: Holzverkleidungen und Briefkästen sollten damit befestigt werden können. "Im Grunde genommen wollen wir mit unserer Firma Alltagsprobleme lösen", sagt Johann Reis, der mit seinem Schwager Eugen Borgardt an Ideen tüftelte.

Die beiden stellten anfangs mithilfe eines 3D-Druckers Modelle her, bis sie einen Prototyp hatten. Heraus kam ein etwa 60 Zentimeter langer Winkel aus Metall, den man an Metallzäune hängen kann. Und mit dessen Hilfe man eben weitere Zaunelemente, Briefkästen und auch Solar-Module befestigen kann. Die Größe der Löcher und Aussparungen – all das musste getestet und probiert werden. Und ist genau abgemessen.

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Die Winkel, mit denen sich Briefkästen und Solar-Module an Stabzäunen befestigen lassen.

Patent in Deutschland und Europa

Der von den beiden Ingenieuren entwickelte Winkel sieht für Laien einfach aus, ist aber eine Erfindung mit Patent. Abstände und Abmessungen der Aussparungen sind ausgetüftelt und so abgemessen, dass man mit ihnen alles Mögliche an standardisierten Metallzäunen aufhängen kann.

Borgardt und Reis bekamen dafür in Deutschland 2021 ihr Patent, 2023 für Europa. Und sie vertreiben ihre Erfindung inzwischen über ihre eigene Firma namens Brigx. In die Entwicklung und die Unternehmensgründung steckten sie 50.000 Euro Eigenkapital, und die Firma wächst. Eugen Borgardt ist stolz auf das Unternehmen: "Wir sind mittlerweile in fast 200 Baumärkten vertreten, in Deutschland und in Österreich."

Boom durch Solaranlagen

Der Boom kam mit der Befestigung von Solar-Modulen. Ein Kunde habe sie gefragt, ob man mit den Brigx-Winkeln nicht auch Solar-Module an Zäunen befestigen könne, berichtet Eugen Borgardt. Und auch dafür sind sie geeignet. "Seitdem sehen wir, dass die Nachfrage nach dieser Lösung wirklich explodiert", sagt der Ingenieur.

Mit den Metallwinkeln lassen sich Module in kurzer Zeit an Stabzäunen befestigen. Man brauche nur wenige Minuten, um mit dem entwickelten Winkel das Solar-Modul am Zaun einzuhängen, erklärt Borgardt. Und für die Diebstahlsicherung haben die beiden Ingenieure auch ein System entwickelt.

Kurze Wege durch regionale Partner

Das Thema kurze Wege und Nachhaltigkeit sei ihnen sehr wichtig, erklärt Eugen Borgardt. Die junge Firma arbeitet deshalb mit Partnern in der Region zusammen. Ein fränkischer Massivhaus-Anbieter rüstete an seinem Präsentationsgelände einen ganzen Zaun mit Solar-Modulen aus, die mit den Brigx-Winkeln befestigt wurden. Bei der Solar-Technik arbeiten sie mit einem Nürnberger Energie-Start-up zusammen. Und die Winkel lassen Borgardt und Reis in Franken anfertigen. In einer Halle in Cadolzburg produziert das Familienunternehmen Neucad Fassadenteile für Gebäude etwa in Norwegen oder Pakistan. Und manchmal auch Tausende Winkel für Brigx. Fragen oder Änderungen könne man auf kurzem Wege klären, sagt Neucad-Geschäftsführer Jakob Neufeld. "Ich bin hier aus der Region. Da gehen wir freitagnachmittags mal was durch. Das ist kein Thema."

Deutsches Ingenieurswesen mit Erfindungsreichtum

In der Corona-Pandemie sank die Zahl der Patentanmeldungen in Deutschland mehrere Jahre in Folge, insbesondere in Deutschland, so das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA). Doch im vergangenen Jahr gab es mit rund 39.000 Patentanmeldungen aus Deutschland wieder ein Plus. Die meisten Patentanmeldungen gehen von großen Firmen aus, vor allem aus der Automobilindustrie. Einzelpersonen sind eher die Ausnahme. Geschützte Innovationen seien ein Treiber für Wohlstand und Fortschritt, so das Patent- und Markenamt.

"Mut zur Kreativität"

Als Ingenieur habe man ein Auge für Problemstellungen und Lösungsmöglichkeiten, sagt Eugen Borgardt. Mit ihren unterschiedlichen Fachrichtungen ergänzen sich Borgardt und Johann Reis in ihrem jungen Unternehmen gut. Borgardt hat Wirtschaftsingenieurwesen studiert, sein Schwager Maschinenbau.

Das deutsche Ingenieurswesen sei immer noch sehr renommiert, sagt Reis, trotz mancher Unkenrufe. Dabei war nicht immer alles einfach: Es habe auf ihrem Weg zum Patent und zur Firmengründung auch Hürden gegeben – etwa bürokratische, erzählt Eugen Borgardt. Doch sowohl die Familien als etwa auch Partner wie die Steuerberaterin hätten sie immer unterstützt. Für den Weg, den er und sein Schwager von der Entwicklung bis zur Firmengründung gegangen sind, brauche man "Mut zur Kreativität".

Tüftler-Team vor Solarmodulen an den Zäunen.
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Solarstrom vom Zaun: Kurzarbeit während der Coronazeit weckte den Erfindergeist von zwei Nürnberger Ingenieuren.

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